„Eine Schwarze Katze bringt Unglück!“ – dieser Aberglaube lässt sich seit Jahrhunderten nicht ausrotten. Warum eigentlich?
Jahrhunderte lang galt eine Begegnung mit einer schwarzen Katze als „böses Omen“, die armen Tiere galten als Verkörperung des Bösen schlechthin. Und sogar heute weichen so manche unserer modernen und aufgeklärten Zeitgenossen immer noch auf die andere Straßenseite aus, sobald eine schwarze Katze ihren Weg zu kreuzen droht – „nur sicherheitshalber“ natürlich.
Katzen stammen aus Afrika
Ebenso wie die Menschen stammen auch die Katzen ursprünglich aus Afrika. Sie lebten wahrscheinlich zuerst als Wildkatzen, die hin und wieder mit einzelnen Menschen Kontakt aufnahmen, wenn sie von diesen freundlich behandelt wurden. Mit der Zeit entstand eine lose Freundschaft zwischen den Zweibeinern und den schnurrenden Mini-Tigern.
Vor etwa achttausend Jahren jedoch änderte sich das Klima in Nordafrika dramatisch: in einem großen Teil der Steppe blieb der Regen aus. Wo einst viele kleine Bauernstämme einfachen Ackerbau betrieben hatten, liegt heute der Sand der Sahara.
Die Menschen hatten hier keine Überlebenschance mehr, sie mussten ihre Heimat verlassen. Einzig im Osten bot das Niltal die Möglichkeit, Felder zu bewässern und Ackerbau zu betreiben; hier sammelten sich die Überlebenden dieser Klimakatastrophe, eng zusammengepfercht auf eine viel kleinere fruchtbarer Fläche als zuvor. Um das Zusammenleben zu ordnen und um Streit zu schlichten, war somit eine zentrale Verwaltung und Gesetzgebung vonnöten – und ebenso, um staatliche Getreidespeicher anzulegen, damit die Bevölkerung auch bei Ernteausfällen nicht verhungern musste.
Damit jedoch schlug auch die Stunde der Katzen, denn diese Speicher waren ein Magnet für Nagetiere aller Art. Nur Katzen konnten genug von diesen Nagern eliminieren, um ihr explosionsartiges Wachstum zu verhindern. Aus den wild lebenden Katzen wurden somit „beamtete“ Mäusejäger.
Wie wichtig Katzen für die Menschen im alten Ägypten waren, können wir daran erkennen, dass sie als heilige Tiere galten und sogar ihre eigene Göttin namens B’stet hatten. Damals war es beispielsweise bei Todesstrafe (!) verboten, eine Katze zu töten.
Vom heiligen Tier zum Teufel
Dieses positive Image der Katzen währte nicht ewig, und die Ursache dafür war die katholische Kirche. Papst Gregor IX verkündete im Jahr 1232 in seiner päpstlichen Bulle „Vox Rama“, dass jede Art von „Teufelsanbetung“ eine verdammenswerte Todsünde sei. Und in dieser Bulle wurden schwarze Katzen ausdrücklich erwähnt; sie wären eine „Inkarnation des Teufels“ und sollten am besten auf einem Scheiterhaufen verbrannt werden.
Zuerst wurden also alle schwarzen Katzen in Europa umgebracht, denen man habhaft werden konnte. Aber was war mit den Dunkelgrauen? Die wurden selbstverständlich auch gleich beseitigt, nur um ganz sicher zu sein. Aber wirklich ganz sicher war man ja erst, wenn wirklich jede Katze eliminiert war. Schließlich war ja bekannt, dass der Teufel ein Meister der Täuschung sei – somit konnte er sich wohl auch als weiße Katze „tarnen“ – die Jagdsaison auf Katzen war eröffnet, und die Jagd war unerbittlich. Die Zahl der Katzen im Europa wurde dadurch entscheidend dezimiert.
Keine gute Idee
Die erfolgreiche Fast-Ausrottung der Katzen in Europa zeugte zwar von großem Glaubenseifer (bzw. von der großen Überzeugungskraft der katholischen Kirche), aber ebenso von totalem Unwissen über die Zusammenhänge der Natur. Die Rechnung dafür wurde den Menschen schon bald danach präsentiert, als in Italien ein Handelsschiff aus Indien anlegte, das eine neue, bisher unbekannte Krankheit mitgebracht hatte: die Beulenpest.
Zu dieser Zeit waren die Städte im Aufschwung, wer daheim keine Möglichkeit sah, drängte in die nächste Stadt, um dort „sein Glück zu machen“. Die Städte waren eng, dreckig, übervölkert – und extrem unhygienisch. Die Abfälle wurden einfach auf die Straße geworfen, auch verdorbene Essensreste.
Mit einem Wort: es war ein Paradies für Ratten, insbesondere nachdem die Menschen deren Erbfeinde, die Katzen, in den Städten praktisch eliminiert hatten. Die Ratten konnten sich ungehindert vermehren, und sie waren überall zu finden, auch in den Küchen und Wohnstuben der Menschen.
Nun wird die Beulenpest ausgerechnet durch Rattenflöhe übertragen. Dank der europaweiten Katzenjagd in den Jahrzehnten davor stand einer raschen, ungehinderten Verbreitung der Seuche über ganz Europa nun kein nennenswertes Hindernis mehr im Weg. Die Seuche forderte insgesamt geschätzte 200 Millionen Opfer.
Vom Teufel zum Hexenvieh
Die Priester waren davon überzeugt, nur Gott habe die Fähigkeit, Krankheiten zu heilen. Somit war ihnen die alte, („heidnische“) Volksmedizin mit ihrem in Jahrhunderten gewonnenen, reichhaltigen Wissen über Heilkräuter und ihre Anwendung ein gewaltiges Ärgernis.
Wenn diese „Kräuterweiber“ tatsächlich Krankheiten heilen konnten, ohne den christlichen Gott dafür anzurufen, dann konnte wohl nur der Teufel ihnen die Macht dazu gegeben haben. Also galt es, diese Hexen zu verfolgen und auszurotten, um ihre Seelen vor der Hölle zu retten.
Erkennungszeichen Katze
Ein Erkennungsmerkmal war immerhin bekannt: Viele dieser Kräuterweiber hielten sich ein Katze als Haustier – ausgerechnet eine Katze! Und noch ein Gerücht wurde herumerzählt: sie könnten sich mit ihrer teuflischen Magie selbst in schwarze Katzen verwandeln.
Mit den Pilgervätern kam auch dieses Gerücht nach Amerika, und so wanderten während der berüchtigten Hexenprozesse von Salem neben den menschlichen Opfern dieses Wahnsinns auch viele schwarze Hauskatzen auf die Scheiterhaufen, um zusammen mit ihren „Hexen“ verbrannt zu werden.
Katzen und Schiffe
Die Seefahrt war damals weit riskanter als heute, und so blühte unter den Seeleuten der Aberglaube. Anfangs brachte eine schwarze Katze Unglück, wenn sie einem entgegenkam und Glück, wenn sie weglief. Spazierte eine Katze jedoch auf ein Schiff, um gleich darauf wieder an Land zu gehen, dann war dieses Schiff unweigerlich zum Untergang verflucht (dies wohl deshalb, weil Ratten bekanntlich ein leckendes Schiff weitaus früher bemerken als die Besatzung und sich rechtzeitig aus dem Staub machen. Riecht dann eine Katze in diesem Schiff keine Ratten mehr und geht gleich wieder von Bord, so ist das Vehikel wahrscheinlich schon so desolat, dass es in Kürze auseinanderfällt).
Wie aber vermied man, dass eine schwarze Katze ein Schiff gleich wieder verließ? Ganz einfach, man nahm sich selbst eine schwarze Katze als Haustier – oder genauer: als Bordkatze, die auf diesem Schiff zu Hause war. Denn dann müsste man ja immer Glück haben, diese Katze würde das Schiff nicht gleich wieder verlassen.
Auch später, nachdem dieser Grund längst vergessen war, blieb doch die Grundidee erhalten: „Schwarze Katzen bringen Glück“ – und sie fangen außerdem die Mäuse im Schiff, die sonst alle Vorräte annagen und verwüsten. Kurzum: Bordkatzen waren Glücksbringer.
Als Tüpfelchen auf dem I übernahmen schließlich auch die Frauen der Seeleute den Brauch, sich eine schwarze Katze als Glücksbringer im Haus zu halten. Der gute Ruf der schwarzen Katzen war wohl endgültig wiederhergestellt. Oder doch nicht?
Immer noch abergläubisch?
Aller Schulbildung zum Trotz zögern so manche Zeitgenossen auch heute noch, sobald eine schwarze Katze ihren Weg zu kreuzen droht – warum eigentlich?
Diesen Angsthasen zur Beunruhigung: das Gen für das schwarze Fell ist ein dominantes Gen, die schwarzen Katzen werden also nicht aussterben, ganz im Gegenteil!
Den Preis für diesem alten Aberglauben zahlen heute unzählige schwarze Katzen in den Tierschutzhäusern. Sie werden von vielen Menschen weniger gern ausgesucht; zu viele von ihnen müssen eingeschläfert werden, um wieder Platz für die Flut der Neuzugänge zu schaffen. Dabei finden sich – davon bin ich überzeugt – gerade unter den schwarzen Katzen vielfach die intelligentesten Tiere, schließlich mussten ihre Vorfahren viele Generationen lang den Nachteil einer weniger „jagd-tauglichen“ Farbgebung wettmachen, um zu überleben.
Somit kann ich nur jedem potenziellen Katzenliebhaber empfehlen: Sollte Sie Ihr Weg einmal ins Tierschutzhaus zu den Katzen führen, dann schauen Sie sich die „schwarzen Murln“ einmal genauer an!
Jo Patek