Deutschland wird ausgeweidet

Deutschland ist im wirtschaftlichen Niedergang. Das begann schon mit der Krise von 2008, aber es hat sich durch die Auswirkungen der Russland-Sanktionen auf Deutschland nun massiv beschleunigt.

Größter Profiteur der deutschen Deindustrialisierung sind die USA. Sie werden eine lästige Konkurrenz los und generieren darüber hinaus noch heimisches Wachstum.

Dieser Prozess der Deindustrialisierung Deutschlands schreitet nicht langsam voran, stellt Hans-Jürgen Volz, Chefökonom der Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), fest. »Manchmal hört man von ›schleichender Deindustrialisierung‹, aber die ist längst nicht mehr nicht mehr schleichend.«

Dieser Prozess hat sich im Zuge des Konflikts des Westens mit Russland sicher noch einmal verstärkt, aber er begann bereits im Jahr 2008 wie ein Beitrag von Thomas Fazi auf dem wirtschaftspolitischen Blog ›Makroskop‹ betont. Die USA und die EU hätten sich demnach völlig unterschiedlich entwickelt. Während die Wirtschaft der EU im Jahr 2008 noch etwas stärker war als die der USA, ist die Wirtschaft der USA im Jahr 2023 um 50 Prozent größer geworden, während die EU innerhalb von 15 Jahren massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren hat.

Stagnation in Deutschland

Ursache ist eine im Rahmen der sogenannten »Staatsschuldenkrise« völlig verfehlte Wirtschaftspolitik, die der EU vor allem von Deutschland aufgezwungen wurde. Der damalige deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verordnete der angeschlagenen griechischen Wirtschaft ein völlig absurdes Austeritäts- und Sparprogramm, das die Krise verlängerte, das Ziel der Schuldenreduktion jedoch nicht erreichte. Dies zwang Griechenland endgültig in die Schuldenfalle, weil die griechische Wirtschaft durch alle diese Maßnahmen gar kein Wirtschaftswachstum mehr erzeugen konnte und kann, das dem Land eine Schuldenreduktion ermöglichen würde.

Obwohl das Programm nicht geeignet war, die Krise in Griechenland zu beheben, wurden seine Kernelemente – Austerität und strenge Schuldenregeln – von der EU übernommen. Die Europäische Union ›spreche jetzt Deutsch‹, freute man sich, weil man offenbar gar nicht wusste, dass dies den Niedergang der EU als Wirtschaftsmacht auslöste.

Gehorsam gegenüber der USA

Nun hat sich die Europäische Union noch bedingungslos den USA untergeordnet, in ihrem verzweifelten Versuch, ihre Hegemonie trotz der Entstehung der BRICS-Staaten und des Dollar-Niedergangs notfalls mit Gewalt am Leben zu erhalten.

Fazi schreibt: »Nicht nur hat der Krieg in der Ukraine offenbart, dass Brüssel in geopolitischen Fragen keine nennenswerte Unabhängigkeit von Washington besitzt. Noch offensichtlicher ist Europas Niedergang und seine wachsende Abhängigkeit von Amerika auf wirtschaftlichem Gebiet. Diese bestand zwar schon vor dem Ukraine-Konflikt, hat sich aber durch diesen noch wesentlich verschärft.«

Erfolgreiche Strategie

Den Vereinigten Staaten gelang es durch ihre verstärkte Einflussnahme auf die politischen Entscheidungen in Deutschland und in der EU, vor allem im Energiebereich die Abhängigkeit der EU und Deutschlands von Amerika noch einmal wesentlich zu vertiefen.

Deutschland als Exportnation hat dadurch faktisch sein Geschäftsmodell verloren, denn das günstige Erdgas bescherte deutschen Produkten auf dem globalen Markt einen Wettbewerbsvorteil: Der Preis war vergleichsweise niedrig. Aber nach der Sprengung von Nord Stream und der Weigerung der Bundesregierung, den noch intakten Strang von Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, nahm die Abhängigkeit Deutschlands von den wesentlich teureren Flüssiggas-Importen aus den USA dramatisch zu.

Düstere Aussichten

Sollte die Ukraine ihre Drohung wahr machen und den Transitvertrag für russisches Gas nach Deutschland im kommenden Jahr nicht verlängern, wäre das ein weiterer Schlag für die deutsche Wirtschaft.

Im Gegensatz zu den USA hat Europa durch den Konflikt – insbesondere durch die Abkopplung von russischem Gas, das vor dem Krieg fast die Hälfte der Nachfrage des Wirtschaftsraums deckte – einen enormen ökonomischen Rückschlag erlitten. Das Embargo führte zu einem »massiven und historisch einmaligen Energieschock«, der durch die Spekulationen der großen Energiekonzerne noch verschärft wurde und sowohl die Industrie als auch die Haushalte schwer traf. Hinzu kommen die Auswirkungen der Sanktionen, die – anders als auf Russland – auf die Industrie der EU eine verheerende Wirkung haben.

Energie bleibt teuer

Überdies erwiesen sich die Prognosen, die hohen Energiepreise seien ein vorübergehendes Phänomen, als unzutreffend. Anfangs behaupteten Experten, dass diese Auswirkungen nur von kurzer Dauer wären; die Energiepreise würden sich schnell wieder stabilisieren und die europäische Wirtschaft würde sich schnell wieder erholen. Tatsächlich haben sich die Großhandelspreise für Gas zwar auf ein etwas niedrigeres Niveau als vor einem Jahr eingependelt, aber sie sind immer noch etwa dreimal so hoch wie vor Beginn der Krise.

Verfehlte Zinspolitik

Außerdem leistet die EZB mit ihrer Zinspolitik einen weiteren Beitrag zur kommenden Katastrophe. Umdie Inflation zu bekämpfen, erhöhte die EZB die Zinsen und würgte damit die ohnehin schon schwache Investitionstätigkeit fast vollständig ab.

Einem aktuellen Bericht der Europäischen Zentralbank zufolge ist die Nachfrage nach Unternehmenskrediten im zweiten Quartal dieses Jahres um 42 Prozent eingebrochen, nachdem sie im schon ersten Quartal um 38 Prozent gesunken war – ein historischer Tiefstand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2003. Und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die EZB diesen Hochzins-Kurs in nächster Zeit korrigieren wollte. Das Ergebnis ist der weiter andauernde Niedergang der Wirtschaft Deutschlands und der EU.

Die desolate Lage der deutschen Wirtschaft ist ein Vorbote des wirtschaftlichen Niedergangs für den gesamten Kontinent – nicht nur, weil Deutschland der größte Akteur in Europa ist, sondern auch, weil mehrere andere europäische Volkswirtschaften von der deutschen Industrie abhängig sind. Sie liefern Komponenten an die großen deutschen Unternehmen oder bauen sogar in ihrem Auftrag das Endprodukt zusammen.

Die USA gewinnt das Spiel

Dieser Niedergang ist aus Sicht der USA gewünscht. Der bedingungslose Gehorsam der deutschen und europäischen Politik gegenüber den Vorgaben aus Washington und die sich daraus für den europäischen Kontinent ergebende wirtschaftliche Schwäche sichert den US-Einfluss auf die EU für Jahrzehnte.

Der Preis, den die EU-Politiker für die »transatlantische Partnerschaft« offenbar zu zahlen bereit sind, ist letzten Endes der vollständige wirtschaftlicher Niedergang Europas.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs bekommen nun die Quittung für die Abkopplung von der russischen Energieversorgung und die voreilige Beteiligung an Amerikas Stellvertreterkrieg. Diese gehorsame Gefolgschaft ist umso erstaunlicher, als sie zum Nachteil Europas funktioniert. Im Vergleich dazu hat Amerika massiv an Stärke gewonnen während Europa immer schwächer geworden ist.

USA gewinnt auch militärisch

Der Konflikt in der Ukraine bot Washington zudem die Gelegenheit, durch die Umgestaltung und Erweiterung der NATO seine militärische Vorherrschaft über Europa wiederherzustellen, dies brachte Europa auch wirtschaftlich in eine wesentlich größere Abhängigkeit von Amerika.

Die Vereinigten Staaten nutzen die Schwächung der europäischen Wirtschaft außerdem für die Erzeugung von Wachstum im eigenen Land. Deutlichstes Zeichen dafür ist der ›Inflation Reduction Act‹. Deutsche Unternehmen finden durch dieses Gesetz in Amerika weit bessere Bedingungen, staatliche Subventionen und niedrigere Energiepreise. Und die EU hat bisher auf das Fleddern ihrer Wirtschaft durch den »guten Freund und Partner« USA nicht reagiert.

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